Die Zukunft von Wafern und Trägerraketen
Die Halbleiterindustrie weist mit mikroskopisch kleinen Technologiesprüngen den Weg in die Zukunft. Für die Raumfahrttechnologie liegt die Zukunft im Makrokosmos. Beide Themenfelder haben eine enorme Anziehungskraft, wie die letzten beiden Industriegespräche Mittelhessen bewiesen.
Am 12. Dezember 2022 war Richard van der Stam, R&D Manager bei ASM Pacific Technology in Vught, Niederlande, bei den Industriegesprächen Mittelhessen zu Gast. Sein Vortrag „Wafer separation by using laser dicing as a crucial step in today‘s semiconductor industry“ fand als Präsenzveranstaltung an der Justus-Liebig-Universität statt, konnte aber auch online verfolgt werden.
Richard van der Stam berichtete (in englischer Sprache) über den aktuellen Forschungsstand bei der Fertigung von Halbleitern. In den vergangenen zehn Jahren wurde die traditionelle Klingenschnitttechnik zum Trennen von Wafern allmählich durch die Laserschnitttechnik ersetzt. Diese Technik bietet viele Vorteile, bringt aber auch neue Herausforderungen mit sich. Am stärksten ausgeprägt ist die kontinuierlich wachsende Nachfrage nach einer Minimierung der Wärmeeinwirkung auf das Produkt bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Produktivität auf einem kommerziell attraktiven Niveau. Dies, so Richard van der Stam, erfordere neue Konzepte wie die Mehrstrahl-Laserbearbeitung, das Trennen auf der Basis von Volumenmodifikation anstelle von Ablation und das Dicing mit Hochleistungs-UV-fs-Lasern.
Richard van der Stam, R&D Manager bei ASM Pacific Technology in Vught, Niederlande, während seines Vortrags bei den Industriegesprächen Mittelhessen an der JLU.
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Am 16. Januar 2023 öffnete Dr.-Ing. Sebastian Karl die Perspektive in ganz andere, größere Dimensionen. Sein Vortrag über die „Herausforderungen beim Entwurf rückwärtslandender Trägerraketen aus aerothermodynamischer Sicht“ fand im Rahmen der Industriegespräche Mittelhessen ebenfalls als Hybridveranstaltung statt.
Wiederverwendbare, senkrecht landende Trägerraketen senken die Kosten für den Start von Satelliten und bieten gleichzeitig eine größere Missionsflexibilität und Nachhaltigkeit. Die erstmalige erfolgreiche Landung einer Space X-Booster-Stufe im Jahr 2015 hat traditionelle Denk- und Vorgehensweisen im Entwurf und Bau von Trägersystemen entscheidend verändert. Trotz zahlreicher Flüge seitdem sind insbesondere aerothermodynamische Effekte wie z. B. die Wechselwirkung der Triebwerksabgasstrahlen mit der umgebenden Atmosphäre im Rückwärtsflug bislang unzureichend erforscht.
Dr.-Ing. Sebastian Karl ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Göttingen. Im Rahmen von europäischen Technologieentwicklungsprogrammen wie RETALT (www.retalt.eu) beschäftigt sich das DLR mit der Charakterisierung der komplexen Strömungsfelder um Raketenstufen beim Rückkehrflug mit Hilfe numerischer Simulation und Windkanaltests. Ein wesentliches Ziel hierbei ist die Vorhersage von thermischen Lasten zur Auslegung von Hitzeschutzsystemen.
Dr.-Ing. Sebastian Karl, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Göttingen, im Hörsaal III der Physikalischen Institute.