Rainer Dietrich
Das Wetzlar Network wurde vor 10 Jahren unter dem Dach der Stadt Wetzlar und der Wirtschaftsförderung gegründet. Rainer Dietrich hat das Netzwerk von Anfang an begleitet.
W3+: Herr Dietrich, angenommen Sie müssten jemanden vom Wirtschaftsstandort Wetzlar überzeugen – was würde Ihnen da als erstes einfallen?
Rainer Dietrich: Was Goethe für die Kulturstadt Wetzlar, sind die Namen Ernst Leitz, Carl Kellner und Moritz Hensoldt für die hiesige Industrie. Vor mehr als 150 Jahren legten sie den Grundstein für den Aufstieg Wetzlars zur „Stadt der Optik“. Und bis heute steht die Industrieregion für höchste Technologiekompetenz „made in Germany“. Inzwischen gilt das nicht nur für die Optik, sondern auch für die Schlüsseltechnologien Elektronik und Photonik, Sensorik und Feinmechanik. Konzernunternehmen wie Leica Camera, Leica Microsystems, Carl Zeiss Sports Optics, Hexagon Metrology, Oculus, Satisloh oder Pfeiffer Vacuum gehören zu den wichtigsten Arbeitgebern der Region. Viele kleinere und mittelständische Unternehmen zählen zu den Marktführern auf ihrem spezifischen Gebiet, die meisten sind international tätig. Die vier Hochschulen der Region in Gießen, Marburg, Siegen und Friedberg wiederum leisten bei der Ausbildung von Fachkräften wichtige Nachwuchsarbeit. Immer mehr neue Unternehmen haben in den letzten Jahren die Vorzüge der Stadt und der Region als Betriebsstandort entdeckt. Und die Gründe hierfür sind vielfältig.
W3+: Mit der Gründung des Wetzlar Network sollten die herausragenden Kompetenzen in diesen Bereichen stärker zusammenwachsen. Ist das gelungen?
Rainer Dietrich: Ziel der Gründung des Wetzlar Network für die Bereiche Optik, Elektronik und Mechanik war es, den regionalen Wirtschaftsraum zu stärken und seine Entwicklung aktiv voranzutreiben. Und da hat sich die Arbeit des Netzwerks tatsächlich sehr positiv ausgewirkt. Das Wetzlar Network ist Vermittler, Kommunikator und Multiplikator, nach außen wie nach innen. Es schafft die kooperative Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen der Region. Durch die Kooperation insbesondere mit der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) gelingt es, die Kompetenzen, die in der Industrieregion besonders gebraucht werden, praxisnah zu vermitteln. Hinzu kommen viele Initiativen, die dazu beitragen, dass Know-how und Innovationspotenziale durch Vernetzung noch gezielter genutzt werden können.
W3+: Netzwerke kommen und gehen. Das Wetzlar Network gehört nach 10 Jahren zu den erfolgreichsten Industrieclustern in Hessen. Wie erklären Sie sich das?
Rainer Dietrich: Einen großen Anteil am Erfolg des Netzwerks hat Ralf Niggemann, der als Manager das Wetzlar Network nicht nur aufgebaut, sondern die Netzwerkaktivitäten in den vergangenen 10 Jahren intensivst begleitet und ausgeweitet hat. Er lebt das Netzwerk im besten Sinne. Darüber hinaus wurde schon in der Gründungsphase darauf geachtet, dass das finanzielle Fundament des Netzwerks auch nach Auslaufen der EFRE-Mittel in den Anfangsjahren durch die Mitgliedsbeiträge in Kombination mit der monetären Unterstützung der Stadt Wetzlar gesichert ist. Neben der Unterstützung durch die Stadt Wetzlar unter Federführung der Wirtschaftsförderung ist die Kooperation mit dem Land Hessen durch Hessen Trade & Invest, die IHK Lahn-Dill, das Regionalmanagement Verein MitteHessen sowie durch die Industrieunternehmen und den Hochschulen aus der Region ein weiterer Erfolgsfaktor.
W3+: Das Jubiläumsjahr 2020 wird seit Februar massiv von der Corona-Krise überschattet, unter der auch viele Unternehmen leiden. Wie schätzen Sie die Situation aktuell ein?
Rainer Dietrich: In den letzten Monaten haben wir vieles erlebt und mussten gemeinsam mit den Unternehmen jeden Tag neue Herausforderungen angehen. Natürlich hat es Umsatzverluste gegeben und natürlich sind dadurch auch die Unternehmen finanziell belastet. In dieser Zeit ist aber auch deutlich geworden, dass die Unternehmen, die im Wetzlar Network organisiert sind, Krisen als Herausforderungen annehmen und daraus immer wieder neue, innovative Lösungen und Ideen entstehen.
W3+: Wird die Stadt und die Region – aus Ihrer persönlichen Sicht – trotzdem ein starker und attraktiver Wirtschaftsstandort bleiben?
Rainer Dietrich: Ja, auf jeden Fall. Jeder Krise ist eine Ausnahmesituation. Aber sie eröffnet auch Perspektiven, um zu reflektieren und sich neu aufzustellen, um Chancen zu erkennen und zu ergreifen. Ich bin zutiefst überzeugt, dass die Unternehmen am Standort Wetzlar so aufgestellt sind, dass sie gestärkt aus dieser Situation hervorgehen und gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung der Stadt Wetzlar den Standort weiter positiv entwickeln.
Weitere Informationen:
www.wetzlar.de