Mai 2020
Stefan Thiel, Leiter Vertrieb Buderus Deutschland. (Bilder: Ralf A. Niggemann)
Buderus

Erfreulich stabil

Betriebe aus verschiedenen Branchen sind unterschiedlich stark von der Corona-Krise betroffen. Wir haben Stefan Thiel, Leiter Vertrieb Buderus Deutschland, gefragt, wie es dem Heiztechnik-Spezialisten aus Wetzlar ergangen ist.

W3+: Wenn man Sie am 15. März gefragt hätte, wo Buderus zwei Monate später steht – womit hätten Sie gerechnet?

Stefan Thiel: Ich glaube, Mitte März war in keinem Unternehmen und keiner Branche eine seriöse Prognose möglich. Die Corona-Krise hat uns genauso überraschend getroffen wie alle anderen. Natürlich wussten wir, dass wir gut aufgestellt sind. Im Januar 2020 ist in Deutschland ein Marktanreizprogramm angelaufen, mit dem der Austausch veralteter Heizungen und damit CO2-Einsparungen sehr umfangreich gefördert werden. Entsprechend optimistisch sind wir ins Jahr gestartet, weil wir wussten, dass wir als Anbieter besonders innovativer und zukunftsfähiger Lösungen davon profitieren könnten. Mitte März stand dann unser Optimismus doch auf wackligen Beinen. Was ein längerfristiger Lockdown für uns bedeuten könnte, haben wir in verschiedenen Szenarien durchgespielt.

W3+: Es kam nicht ganz so schlimm?

Stefan Thiel: Der Lockdown kam, aber wir hatten das große Glück, dass in Deutschland und auch den Nachbarländern Österreich und Schweiz die Installateure und Heizungsbauer davon nur eingeschränkt betroffen waren und auch die meisten Baustellen offen geblieben sind. In diesen Ländern verzeichnen wir seit März sehr gute Umsätze. In Italien, Frankreich, Spanien oder auch Luxemburg hingegen war es deutlich schwieriger für uns, weil da wirklich über Wochen die Baustellen geschlossen wurden.

W3+: Das heißt, für Buderus Deutschland hat sich nicht viel verändert?

Stefan Thiel: Ja und nein. Man muss natürlich berücksichtigen, dass gerade in unserer Branche die Handwerker einen Auftragsvorlauf haben, der in die Zeit der Corona-Krise hineinreichte. Aber wir rechnen nicht damit, dass da im Nachgang deutliche Einbrüche zu erwarten sind. Zudem haben wir bei differenzierter Betrachtung festgestellt, dass die Hauseigentümer in den vergangenen Wochen aus nachvollziehbaren Gründen Handwerker lieber in den Keller gelassen haben als zum Beispiel ins Bad.

W3+: Das klingt insgesamt erfreulich. Kurzarbeit war bei Buderus kein Thema?

Stefan Thiel: Nein. Wir hatten über Ostern eine Produktionspause eingelegt, aber mittlerweile läuft die Produktion wieder auf Hochtouren. Zwischenzeitlich trieb uns die Sorge um, dass unsere Zulieferketten unterbrochen werden könnten. Denn wir beziehen unter anderem Bauteile und Komponenten aus Norditalien und Portugal. Als systemrelevante Branche konnten wir jedoch Ausnahmeregelungen für die Zulieferbetriebe in den betroffenen Ländern erwirken.

»Das Kundenvertrauen hat entscheidend dazu beigetragen, dass Buderus bislang die Krise erfreulich stabil bewältigt hat. Davon bin ich überzeugt. Und wir werden alles dafür tun, dass das auch in den kommenden Monaten so bleibt.«

W3+: Sie sind in ganz Deutschland aktiv, aber es gelten in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Sicherheits- und Hygienebestimmungen. Wie gehen Sie damit um?

Stefan Thiel: Grundsätzlich gilt, dass wir an all unseren Standorten und in den weltweiten Vertriebsregionen die gesetzlichen Vorgaben einhalten. Jedem Mitarbeiter und jeder Mitarbeiterin ist klar, dass die Gesundheit oberste Priorität hat – und zwar die eigene Gesundheit und die der Kunden. Wir haben im Zuge dessen entsprechende Sicherheitskonzepte umgesetzt, Schichten getrennt und die Produktion entsprechend umgestellt. In der Verwaltung und im Vertrieb lief natürlich sehr viel online und sozusagen von Home Office zu Home Office.

W3+: Was war die größte Umstellung aus Ihrer Sicht?

Stefan Thiel: Das ist schwer zu sagen. Man stößt ja ständig darauf, dass eingespielte Prozesse, die zur Gewohnheit geworden sind, plötzlich nicht mehr funktionieren. Für uns bestand tatsächlich die größte Herausforderung darin, trotz Kontaktsperren den Kunden zu signalisieren, dass wir immer und überall für sie da sind. Ich glaube, das ist uns sehr gut gelungen.

W3+: Welche Einschränkungen haben Sie am meisten gemerkt?

Stefan Thiel: Na ja, es gehört ja zum Kerngeschäft im Vertrieb, dass man viel unterwegs ist. Das betrifft zum einen die Kundenbetreuung: Man kann sich natürlich mit dem Auto einigermaßen sicher von A nach B bewegen, aber sobald es darum geht, irgendwo zu übernachten oder etwas zu Essen zu bekommen, kommt man nicht weit. Zum anderen spüren wir erhebliche Einschränkungen bei unseren Marketingaktivitäten, in die wir ja schon Monate im Voraus viel Arbeit gesteckt haben. Sämtliche Fach- und Besuchermessen, auf denen wir unter normalen Umständen unsere neuesten Produkte präsentiert hätten, sind ausgefallen. Daran wird sich bis Ende des Jahres vermutlich nichts ändern. Und wie es nächstes Jahr weitergeht, können wir noch nicht einschätzen. Im März 2021 findet in Frankfurt wieder die ISH statt, die Weltleitmesse für Wasser, Wärme, Klima. Und ich müsste schon heute wichtige Entscheidungen zu unserem Messeauftritt treffen. Das ist Stand heute kaum möglich.

W3+: Entsprechende Kommunikationsmaßnahmen online durchzuführen, wäre doch eine Alternative?

Stefan Thiel: Das stimmt schon. Über Telefon- und Videokonferenzen stehe ich natürlich in engem Kontakt mit meinem Vertriebsteam. Auch in der Kundenkommunikation haben wir vermehrt Online-Tools genutzt. Einen Messeauftritt sozusagen virtuell zu ersetzen, ist da ungleich schwieriger. Am Ende überwiegt doch die Einsicht, dass der persönliche Kontakt durch nichts zu ersetzen ist.

W3+: Im Zuge der Pandemie sind Klimaziele und Energiewende in den Hintergrund gerückt. Meinen Sie, dass die Corona-Krise das Bewusstsein dafür eher befördert oder zurückgedrängt hat?

Stefan Thiel: Natürlich haben die Schlagzeilen zur COVID-19 Pandemie in den vergangenen Monaten alles überschattet. Aber das Bewusstsein dafür, dass wir etwas für die Energiewende und die Erreichung der Klimaziele tun müssen, ist nach meinem Ermessen durch die Krise nicht weniger geworden. Der Lockdown trifft nicht alle gleich, aber doch insgesamt alle ziemlich hart. Die Frage ist nun, ob wir uns das leisten können oder wollen. Und die Antwort wird nicht unwesentlich davon abhängen, wie sich die Corona-Krise weiterentwickelt und sich die Folgen gesamtwirtschaftlich auswirken.

W3+: Wird die Corona-Krise das Geschäft langfristig verändern?

Stefan Thiel: In unserer Branche sehe ich keine grundlegenden Veränderungen auf uns zukommen. Ich habe eher den Eindruck, dass unsere Kunden und Endkunden sich in dieser schwierigen Zeit darauf besinnen, was sie von uns bekommen: nämlich innovative Produkte und starke Präsenz – verbunden mit der Gewissheit, dass man sich auf uns und unsere Produkte verlassen kann. Dieses Kundenvertrauen hat entscheidend dazu beigetragen, dass Buderus bislang die Krise erfreulich stabil bewältigt hat. Davon bin ich überzeugt. Und wir werden alles dafür tun, dass das auch in den kommenden Monaten so bleibt.

Weitere Informationen:

www.buderus.de