Anne Uebach
Warum Rechthaber nicht immer Recht haben und die Rechtsprechung mitunter so kompliziert ist. 3 Fragen an die Rechtsanwältin und Notarin Anne Uebach.
W3+: Gibt es aus Ihrer Sicht einen Unterschied zwischen Recht haben und Recht sprechen? Wieviel Interpretationsspielraum lässt die Rechtsprechung zu?
Anne Uebach: Recht haben und Recht sprechen hängt manchmal von der subjektiven Bewertung ab. Ein Sachverhalt wird anhand der Gesetze bewertet. Dabei können jedoch die Umstände des Einzelfalles zu unterschiedlichen Ergebnissen bei Gericht führen. Was vorgetragen wird, weil es einer Partei subjektiv wichtig erscheint, kann den Unterschied ausmachen.
W3+: An juristischen Texten verzweifelt der gesunde Menschenverstand bisweilen. Was tun Sie dagegen?
Anne Uebach: Schreiben oder Texte mit rechtlichem Inhalt enthalten häufig viel zu komplizierte Formulierungen und lange oder verschachtelte Sätze. Dass man daran verzweifelt, kann ich absolut nachvollziehen. Ich bemühe mich deshalb, mich im Schreiben und Reden klar auszudrücken. Der Aha-Effekt ist dann oft im Gespräch bemerkbar: „Ach, das heißt das!“
W3+: Gibt es Gesetzeslagen, deren Relevanz aus Sicht der Mandanten notorisch unterschätzt wird?
Anne Uebach: Ja, das gibt es. Im Familienrecht wird oft fälschlich davon ausgegangen, dass ein Ehepartner zwangsläufig auch für den anderen haftet, also etwa für den Ausgleich der Schulden des anderen herangezogen werden kann. Im Erbrecht wird häufig die Bedeutung eines (notariellen) Testaments unterschätzt. Ohne Testament gilt die gesetzliche Erbfolge. Diese kann dazu führen, dass Erben zum Zuge kommen oder auch Erbengemeinschaften entstehen, die man bei vorausschauender Würdigung möglicherweise verhindern würde.
Anne Uebach
Rechtsanwältin und Notarin, Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Strafrecht
Wörner – Schäfer – Rückert (WSR)
Wetzlar