November 2022
Fotos: Ralf A. Niggemann, VRM / Tanja Freudenmann
Befort Wetzlar

1922 – 2022

Befort feiert sein 100-jähriges Jubiläum. Über drei Generationen hinweg ist es dem Familienunternehmen gelungen, jung zu bleiben und dabei nie alt auszusehen.

Irgendwie hat man das Gefühl, Befort war schon immer da. Tatsächlich gründete Ernst Befort, ein bekennender Leitzianer, 1922 in Wetzlar seine eigene Firma. 1928 zog er in die Braunfelser Straße. Und seither war die Firma wirklich immer da. Auch wenn sich über die Jahrzehnte einiges verändert hat.

Henner Befort ist nicht gerade bekannt dafür, besonders sentimental oder gefühlsduselig zu sein. Aber seine kurze Ansprache anlässlich der Feier zum 100-jährigen Jubiläum von Befort Wetzlar, die er mir zugespielt hat, enthält dann doch einige prägnante Einsichten und Einblicke, die das Herz nicht ungerührt lassen. Er sei traurig darüber, dass von seinem Großvater Ernst Befort so wenig überliefert ist. Er zieht den Hut vor seinem Vater, der im jungen Alter von 19 Jahren unfreiwillig in die Firma einsteigen musste – und deren Geschicke über 50 Jahre erfolgreich lenkte. Unkonventionell und erfrischend anders ist das, wenn Henner Befort daran erinnert, dass man 100 Jahre schließlich nur alle 100 Jahre feiert: „Wenn man Glück hat, ist man dabei. Wir sind jedenfalls froh, dass wir das heute gemeinsam feiern können.“

Familienunternehmen über drei Generationen

Das ist wohl wahr – und es steckt eine Menge Wertschätzung und Dankbarkeit darin, wie Henner Befort über das Unternehmen spricht, das von Beginn an bis heute den Namen seiner Familie trägt. Angefangen hatte alles 1922, dem Gründungsjahr der „Ernst Befort Optische Werkstätte“. Seit 1928 ist die Firma in der Braunfelser Straße zu Hause. Gefertigt werden Mikroskopspiegel, Strichplatten und Feinteilungen auf optischen Substraten. Präzisionsoptiken von Befort sind gefragt, die Belegschaft wächst. Henner Befort holt ein Leporello aus der Vitrine mit Fotoaufnahmen von einer Betriebsfahrt am 11. Juli 1936. Die folgenden Kriegsjahre treiben dem Unternehmer und Menschen Ernst Befort mehr als nur eine Sorgenfalte auf die Stirn. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird er von den Amerikanern engagiert, um sogenannte „Displaced persons“ zu fotografieren, die aus der Kriegsgefangenschaft oder aus Konzentrationslagern entlassen wurden. Ebenfalls im Auftrag der amerikanischen Armee produziert er Blendspiegel für heimkehrende alliierte Soldaten, die kurioserweise an moderne iPhones erinnern.

Im Jahr 1948 beginnt Ernst Befort mit der Beschichtung von feinoptischen Bauteilen in Serie und gehört damit zu den Vorreitern. Nach einem Schlaganfall nimmt er seinen Sohn Peter in die Pflicht. Das ist 1963. Peter Befort tritt in die Fußstapfen seines Vaters und wächst aus ihnen heraus. 1976 übernimmt er die Geschäftsführung und formt aus den „Werkstätten“ ein hochmodernes Unternehmen. Neben der Fertigung setzt Befort Wetzlar vermehrt auf Entwicklung und Konstruktion. Da geht es vor allem um Speziallösungen oder Kleinserienfertigung in überschaubaren Stückzahlen: von der Einzellinse bis zur passgenauen Systemintegration, von Spezialoptiken bis zu opto-mechanischen Baugruppen und Systemen. Gemeinsam mit seinem Vater führt Henner Befort seit 2004 das Familienunternehmen in dritter Generation, ab 2014 als alleiniger Geschäftsführer. Seine Frau Sandra ist seit 2017 verantwortlich für Marketing und Personal.


Neue Ideen und innovative Produkte

So geradlinig, wie sich diese kurze Familien- und Firmenchronik liest, ist das natürlich alles nicht gewesen. „Die Beforts hatten immer schon ein bisschen ihren eigenen Kopf“, gibt Henner zu. Und das ist an dieser Stelle in jedem Fall positiv gemeint. Denn selbst unkonventionelle Ideen und Entscheidungen, die aus Henner Beforts Augen blitzen oder gleich direkt aus seinem Mund sprudeln, können nicht darüber hinwegtäuschen, dass er immer ganz genau weiß, was er tut. Das eine ist für ihn ohne das andere nicht vorstellbar. Er ist ein Macher, aber er macht vieles anders. Daraus entstehen neue Ideen und innovative Produkte für Kunden, die mehr brauchen als nur konfektionierte Lösungen von der Stange – ganz egal, ob es um die Entwicklung kundenspezifischer Präzisions- und Laseroptiken oder die Realisierung komplexer optischer Systeme, feinmechanischer Bauteile oder hochwertiger Beschichtungen geht.

Damit gehört Befort Wetzlar bis heute zu den führenden Anbietern präzisionsoptischer Produkte. Knapp 60 Mitarbeiter beschäftigt das Familienunternehmen, 80 Prozent davon sind hochqualifizierte Facharbeiter, Techniker und Ingenieure. Darauf legt Henner Befort Wert: „In unserem Geschäft kommt es darauf an, dass die Kunden von unserer Erfahrung und unserem Know-how profitieren. Dass sie das bei uns bekommen, und zwar auf kurzem Weg, aus einer Hand und in vertrauensvoller Zusammenarbeit, wissen unsere Kunden sehr zu schätzen.“ Diese Qualitäten haben bei Befort höchste Priorität – von der ersten Produktidee bis zur Endkontrolle.

Nachhaltig in den Betrieb investieren

Bei einem Rundgang durch die Firma wird deutlich, dass sich derart hoch gesteckte Ansprüche nicht allein durch hehre Absichten einlösen lassen. „Wenn du als Mittelständler am Ball bleiben willst, musst du permanent investieren“, sagt Henner Befort. In Personal. Und in Maschinen. Und zwar nachhaltig. Das ist ein unerschöpfliches Thema, weil naturgemäß die Zeit nicht stillsteht. Und weil Henner Befort sich mit Anfang 50 auch schon mal Gedanken macht über seine eigene Zukunft und die Zukunft der Firma.

„Wir haben beschlossen, unser Unternehmen in den nächsten 5 bis 10 Jahren so aufzustellen, dass es eine vielversprechende Zukunft hat“, erklärt Henner Befort. Die Digitalisierung im Betrieb hat längst Einzug gehalten, die maschinelle Bearbeitung erfolgt zunehmend an CNC Schleif- und Poliermaschinen. Jetzt wagt man sich an Robotik in der Fertigung von Optiken. Dies ist in der Photonik noch lange nicht Standard. Nachhaltig und umweltgerecht soll die Energieversorgung künftig über eine Fotovoltaikanlage gespeist werden. Mindestens genauso wichtig ist es, junge Fachkräfte zu finden und zu binden, um das immense Wissen und die Erfahrung der langjährigen Mitarbeiter weitergeben zu können. Auch deshalb werde überdurchschnittlich viel ausgebildet, so Befort. Ein Mitarbeiter macht gerade seinen Meister und wird zum Abteilungsleiter Mechanik aufgebaut; ein anderer bildet sich gerade zum Qualitätsmanager weiter.

»Wir haben beschlossen, unser Unternehmen in den nächsten 5 bis 10 Jahren so aufzustellen, dass es eine vielversprechende Zukunft hat.«

Henner Befort




Erfolgreiches Familienunternehmen (v.l.n.r.): Peter Befort, Sandra und Henner Befort.

Aussichten, die optimistisch stimmen

Schaut man sich Wachstumsbranchen an, für die Befort tätig ist, dann ergibt sich ein durchaus optimistisches Gesamtbild: Das Spektrum reicht von der Mess- und Medizintechnik über die Sensorik und Lasertechnik bis zu Umwelt- sowie Luft- und Raumfahrttechnik. „Natürlich schläft auch der Wettbewerb nicht“, weiß Henner Befort, „aber der Markt, den wir abdecken, ist in Europa überschaubar. Da wird mir auch für die nächsten 100 Jahre nicht bange.“ Ob dann noch ein Befort Chef sein wird? „Wer weiß das schon“, antwortet Henner Befort beim Verabschieden. Ganz unsentimental und ohne gefühlsduselig zu werden.

Weitere Informationen:

www.befort-optic.com